Ob jung oder alt, arm oder reich, vom Land oder aus der Stadt – wie sieht der leidenschaftliche Online-Shopper aus? Oder kehren inzwischen wieder mehr Menschen dem Internethandel den Rücken und suchen den Weg in die Innenstädte?
Sterbende Innenstädte und verwaiste Ladenzeilen bestätigen es: Kaum jemand kauft nur noch im lokalen Einzelhandel ein. Die Corona-Pandemie hat ihren Anteil daran geleistet. In den letzten zehn Jahren hat sich der Anteil derer, die zumindest bevorzugt stationäre Läden aufsuchen, halbiert. Die Zahl der „leidenschaftlichen Online-Shopper“ ist seit 2019 um sieben Prozentpunkte gestiegen. Dabei stellt ein „leidenschaftlicher Online- Shopper“ eine Person dar, die entweder alle oder einen großen Teil der Einkäufe online tätigt. Darunter sind vor allem Konsumenten im Alter von 16 bis 39 Jahren stark vertreten. 35 Prozent der befragten Studienteilnehmer kaufen alles, also auch Lebensmittel und Dinge des alltäglichen Bedarfs, im Internet bzw. würden das tun, sofern es die Möglichkeit dazu gäbe.
3% kaufen ausschließlich im stationären Handel
Online-Shops stoßen auf große Nachfrage – und das nicht nur bei der jungen Zielgruppe. Auch die 60- bis 69-Jährigen gaben an, dass sie gewisse Produkte bevorzugt im Internet bestellen. Viel entscheidender als das Alter der Kunden sind die Lebensumstände. So wurde festgestellt, dass die wenigsten traditionellen Ladenkäufer in Orten mit weniger als 10.000 Einwohner leben. Schuld ist vermutlich die geringe Auswahl vor Ort. Auch die Anzahl an Familienmitgliedern schlägt sich auf das Kaufverhalten nieder. Vereinfacht gesagt: Leidenschaftliche Online- Shopper haben Familie und leben auf dem Land.
Um ihre Online-Einkäufe zu bezahlen, haben die meisten Befragten in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal PayPal verwendet – die allseits beliebte Rechnung folgt erst auf dem zweiten Rang. Aber auch andere Bezahlverfahren sind beliebt. „Bereits 19 Prozent der 16- bis 29-Jährigen haben in den letzten zwölf Monaten Apple Pay oder Google Pay für Online-Einkäufe genutzt“ stellt Dr. Stephan Weber, Research Director bei ibi research fest.
Kaufen die Konsumenten bei einem ihnen bislang unbekannten Online-Shop, nutzen 49 Prozent am liebsten PayPal und 35 Prozent die Rechnung. Andere Zahlungs-verfahren kommen für die Verbraucher so gut wie nicht in Frage.
Im Laden vor Ort wird das kontaktlose Bezahlen beliebter. Die physische Karte liegt aber in ihrer Nutzung immer noch vorne. Vor allem die Jüngeren nutzen seit Pandemie-beginn häufig bereits bestehende, digitale Angebote verstärkt. Auch kontaktlose Zahlungen lassen sich besonders in dieser Altersgruppe verzeichnen.
Kaufen und später bezahlen: Das ist in Deutschland nicht neu – der Kauf auf Rechnung ist nach PayPal das belieb teste Zahlungsmittel im Internet. Vor allem junge Konsumenten nutzen BNPL-Optionen. So geben 19 Prozent der 16- bis 29-Jährigen an, seit Pandemiebeginn zum ersten Mal oder häufiger Teilzahlungsoptionen bzw. Ratenkredite zu nutzen. Doch führt BNPL die Jugend in die Schuldenfalle? Sieben Prozent aller Befragten haben oder hatten bereits Schulden wegen Online-Bestellungen oder waren mit Ratenzahlungen im Rückstand – bei den 16- bis 29-Jährigen sind es 15 Prozent.
Online-Angebote gab es schon vor der Corona-Pandemie und sie wurden auch genutzt. Jedoch führten verschiedene Beschränkungen dazu, dass sie nun vermehrt wahrgenommen wurden. Mehr als ein Drittel der Befragten hat seit Beginn der Pandemie häufiger Video-Konferenzen oder -Anrufe getätigt, in der jüngsten Altersgruppe sind es sogar 58 Prozent. Bei Restaurants haben 24 Prozent der Studienteilnehmer häufiger online (inkl. Lieferung) bestellt als vor der Pandemie, zehn Prozent ordern vermehrt Lebensmittel bei Supermärkten via Internet.
Das Konsumverhalten verändert sich – mal wieder
Konsumenten in Deutschland kaufen immer mehr und häufiger online ein. Das ist nicht neu, aber die Corona- Pandemie hat diesen Trend noch verstärkt. Besonders Bürger, die in kleineren Orten leben, bestellen ihre Produkte öfter bei Amazon & Co. – vermutlich wegen der zu geringen Auswahl an stationären Geschäften. Jedoch zeigt sich auch, dass ein Teil der leidenschaftlichen Online-Shopper auch wieder der stationären Versorgung eine Chance gibt. Wie stark diese Entwicklung sein wird, muss die Zukunft zeigen.
Immer schneller und stärker verändert sich das Umfeld der Konsumenten und dadurch auch deren Einkaufs-gewohnheiten und Einstellungen. Auch die verstärkte Digitalisierung seitens der Anbieter sowie der Kundschaft selbst tun ein Übriges. Das Ziel der Studie, etwas „Licht ins Dunkel“ zu bringen, ist in vielen Bereichen geglückt. Leider kann dies aber nur eine Momentaufnahme sein. Neue exogene Faktoren werden die Sicht der Konsumenten auf Finanzdienstleister und den Handel weiterhin beeinflus- sen und neue Trends ausprägen.